Politik

#MeToo

In den USA fallen gerade reihenweise Männer ihren triebgesteuerten Verfehlungen zum Opfer. Sie haben ihre Position, Macht oder Popularität missbraucht um sich Frauen aufzudrängen die das nicht wollten. Nach vielen Jahren, kommen diese Frauen nun nach vorne, klagen an und verbünden sich mit dem Slogan #MeToo. Diese Art des moralischen “Reinigungsrituals” scheint mir etwas typisch amerikanisches. Natürlich ist es erstmal positiv, wenn widerliches Machoverhalten angeprangert wird und diese Männer die Konsequenzen ziehen müssen. Aber darum geht es mir jetzt weniger.

Mir geht es mehr um die Frage: warum gerade jetzt? Warum sind die Nachrichten gerade in diesen Wochen voll davon und die Männer stolpern reihenweise über Verfehlungen, die Jahre, manchmal Jahrzehnte zurückliegen und die im legalen Sinne meist nicht einmal strafbar sind.

Eine Erklärung wäre, dass progressive Kräfte (Liberals, wie man hier sagt), die ja politisch im Hintertreffen sind, nach politischen Erfolgen lechzen. Das wäre aber eine dumme Verwechslung, gleich auf mehreren Ebenen. Denn vor allem hat ja Moral mit Politik überhaupt nichts zu tun. Das sieht man schon daran, das eines der prominentesten “Opfer” der Anschuldigungskampagne der demokratische Senator Al Franken war, ein Mann mit (abseits seiner Triebe) ziemlich vernünftigen Ansichten und einer guten Portion Humor, der als Hoffnung der Partie galt und sogar als Kandidat für die Präsidentschaft gehandelt wurde. Falls #MeToo rückständige Politik mit rückständigen Verhalten gleichgesetzt hat und mancher sich erhofft hatte, verhasste konservative Politiker loszuwerden, dann ging der Schuss gleich zu Anfang nach hinten los.

Langfristig aber, und das erscheint mir wesentlich schwerwiegender, stellt die #MeToo Kampagne eine Ablenkung von der realen Politik da. Denn während die Liberals ein paar schlimme Jungs vom Sockel stossen, bringen Trump und die Konservativen im Kongress und im Senat Gesetze durch, die mit Sicherheit langfristige Auswirkungen haben. Die Steuerreform hätte vielleicht politisch verhindert werden können, wenn sich die Opposition auf wirksame politische Aktionen hätte verständigen können. Im Fall der Verteidigung von Obamacare hat das ja einigermassen geklappt. Wenn ich ein Stratege Trumps wäre, würde ich mir grinsend die Hände reiben angesichts der gelungen Ablenkung.

Vielleicht ja die geheime Hoffnung hinter #MeToo, die Kampagne soweit zu treiben, dass es am Schluss doch noch dem Chefgrabscher selbst an den Kragen geht: Präsident Trump. Es dürfte noch jedem in Erinnerung sein, wie in den letzten Monaten vor der Wahl ein Video durch alle Kanäle ging, in dem sich Trump damit brüstete, wie er Frauen an die Wäschen ging (“grabbing pussy” um es unübersetzt derb amerikanisch stehen zu lassen). Ich kann nicht einschätzen, ob das eine realistische Erwartung ist. Aber ich halte es in jedem Fall für die falsche Strategie. Selbst wenn es gelingen sollte, so wurde Trump doch vom Volk gewählt und das hatte zur Wahl die Sprüche noch frisch in den Ohren. Hat sich keiner daran gestört, im Gegengteil, manche seiner Wähler fanden das noch besonders toll. Er war also ehrlich und es wäre an der Zeit, dass sich seine Gegner eingeständen, dass sie genau den Mann an der Spitze sehen, der zur momentanen Verfasstheit des Landes passt. Mit symbolischen Aktionen, die entweder nur den Beifall einer Seite finden oder die mit realen Auswirkungen von Politik nichts zu tun haben, ist kein Blumentopf zu gewinnen. Politik wird in Gesetzen festgeschrieben.