Seattle

Rote Sonne

Letzte Nacht wachte ich schweissgebadet auf, im Traum hatte die Erde gebebt und Seattle in einem grossen, längst fälligen Erdbeben dem Erdboden gleichgemacht. Der Tag wurde nicht besser. In Kanada brennen die Wälder und der Rauch verhüllte den Himmel mit einem gelblichweissen Nebelschleier. Der Tag endete mit einem langen Stau und der wahrhaft dämonischen Zahl von 44.444 gefahrenen Meilen auf dem Tacho. Wir waren in den Casacade Mountains, ziemlich weit oben, hatten aber kaum Sicht. Vermutlich war Wandern gar nicht empfohlen bei dem herrschenden Smog. Am Abend färbte sich die Sonne rot und versank schnell im Dunst.

Unser Sonntagsausflug führte uns zum Stevens Pass. Über diesen Bergpass wurde 1893 eine Bahnlinie gebaut. Die Bahn existiert noch heute, die Strecke verläuft jetzt aber etwas niedriger durch einen längeren Basistunnel. Die alte Strecke führt über Kehren und Tunnel weit nach oben, Teile davon sind jetzt ein Wanderweg. 1929 wurde die alte Strecke stillgelegt. Nach kaum 100 Jahren  ist wenig geblieben. Bergrutsche und der nachwachsende Wald haben die meisten Spuren verwischt. Vor allem hat mich überrascht dass die Tunnel allesamt eingestürzt und unpassierbar geworden sind.

Wir haben in Seattle ein Haus gekauft, das wurde 1927 erbaut. Vielleicht sind die Nägel über diese alte Bahnlinie gefahren? Fest steht, dass das Haus nicht erdbebensicher ist. Wenn die amerikanische Platte nach 300 Jahren Kompression durch die Juan de Fuca Platte eines Tages um 3-4 Meter nach Westen zurückschnellt, wird es am alten Platz bleiben wollen und vom Fundament rutschen. Wir werden es festschrauben müssen (aber dann kracht wahrscheinlich das Nachbarhaus in unseres). Wie schnell alles Menschenwerk verfällt. Die Wanderung war schön, aber wegen des Smogs nicht erholsam.

Leave a Reply